Gortner, Christopher W. by Der Schwur der Konigin

Gortner, Christopher W. by Der Schwur der Konigin

Autor:Der Schwur der Konigin
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


20

So wurde mein Brief in alle Landesteile verschickt. Darin hieß es: »Sollte Enrique mir aufgrund von Ungestüm oder falschem Rat meine Rechte als Erbin vorenthalten, wäre das eine schwere Beleidigung und Schande für das Reich. Gott wird den König für dieses große Übel zur Rechenschaft ziehen, mein Herr, der Prinz, und ich aber werden frei von Schuld sein.«

Das war eine freche Proklamation. Noch nie war ich der Unterstellung so nahe gekommen, dass Enrique das Königreich gefährde. Und tatsächlich erzeugte sie exakt die Reaktion, die Fernando vorausgesagt hatte. Städte und Marktflecken, die bis dahin Enrique unterstützt oder Neutralität gewahrt hatten, hängten meinen Brief zusammen mit ihren eigenen öffentlichen Verlautbarungen aus und schlossen sich unserer Sache an, indem sie an ihren Mauern Banner mit unseren eng verschlungenen Initialen und dem Sinnspruch »Kastilien für Isabella!« anbrachten. Als ich Fernando vorwarf, dass ich nicht den Eindruck hatte erwecken wollen, ich strebe danach, Enriques Rechte an mich zu reißen, lachte er nur.

»Welche Rechte? Ávila, Medina del Campo und sechs weitere Städte sind bereits für uns, und heute Abend reite ich nach Sepulveda, um auf Bitten der Stadt Villenas Helfer zu verjagen. Wenn es so weitergeht wie bisher, wird Kastilien bis zum Dreikönigsfest unser sein.«

Er war ganz in seinem Element, als er Kettenhemd und Brustpanzer anlegte, um Soldaten hinter sich zu scharen. Das waren zum einen die Männer des Admirals, aber auch die Truppen, die Medina Sidonia aus dem Süden geschickt hatte. Aus dieser Streitmacht bildete er nun wirkungsvolle Infiltrationseinheiten, die in der Lage waren, in tiefster Nacht über Mauern zu klettern, Tore zu entriegeln und königliche Garnisonen zu überwältigen. Bis zur Mitte des Jahres 1472 hatten wir mehr als die Hälfte der vierzehn großen Städte in Kastilien unter unserer Kontrolle, und Anfang 1473 fühlten wir uns sicher genug, um endlich Dueñas zu verlassen und zu einer großen, neuen Residenz in Aranda de Duero in der Nähe von Valladolid weiterzuziehen. Nachdem wir uns in unserer prunkvollen neuen Burg niedergelassen hatten, begannen sogar die aufsässigen Granden, die es bisher vorgezogen hatten, Enrique und seinen niederträchtigen Günstling zu unterstützen, uns verklausulierte Hilfezusagen zu senden. »Kein Zweifel«, bemerkte Fernando dazu ätzend, »sie wissen genau, dass ich sonst ihre Burgen schleife, ihnen die Trümmer um die Ohren schlage und obendrein ihre Schädel aufspieße.«

Auch wenn ich das nie laut zugegeben hätte, bewies mir dieser Kommentar mehr als alles andere, wie recht Carrillo mit seiner unklugerweise im falschen Moment angebrachten Feststellung gehabt hatte, dass Fernando die Mentalität Kastiliens nicht verstand. Die Granden zu drangsalieren wäre sinnlos, ja, gefährlich. Für diese Edelmänner, die seit Jahrhunderten dem König zugleich zugesetzt und geschmeichelt und ihn ignoriert hatten, stellten Stolz und Ehrgeiz die zwei Seiten ein und derselben Medaille dar. Sie mussten geködert und gefügig gemacht werden, ohne dass sie etwas davon merkten. Ansonsten würden sie zubeißen wie die wilden Hunde, die sie im Grunde ihres Herzens waren. In meiner Kindheit hatte ich das ständig beobachtet und konnte aus eigener Erfahrung das Chaos bezeugen, das Enrique mit seinen Versuchen, die Fraktionen der Granden zu befrieden, verursacht hatte.



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